Weltpremiere: Erste Flamenco-Suite für Cembalo

Michio hat im Auftrag des Schweizer Cembalisten Vital Julian Frey die erste Flamenco-Suite für Cembalo komponiert.

Es ist eine Weltpremiere, so sagen jedenfalls die Kenner der Szene. Nicht der Flamencoszene, sondern der Cembalo-Szene. Zum ersten Mal wurde eine vollständige Flamenco-Suite speziell für dieses historische Tasteninstrument, dessen Blütezeit im Barock ihren Höhepunkt fand, geschrieben. Komponist ist der bekannte Gitarrist Michio, für den diese Aufgabe nicht nur eine Herausforderung, sondern auch die weitere Umsetzung einer grundlegenden Idee war. Was den Komponisten Michio sofort für diesen Auftrag begeistert hat, ist die Motivation, die Musik des Flamenco aus ihrem immer noch eingeschränktem Umfeld heraus weiterzuentwickeln. Dabei geht es nicht um trendige Effekte wie unterlegte Soundsamples oder aus dem Jazz entliehene Instrumentierungen. Sein Ziel ist es, den Flamenco bei aller Virtuosität und Ausgestaltung in Farbe und Sprache so zu erhalten, dass er dennoch auch für die Gitanos in den Bars von Jerez de la Frontera intuitiv hörbar und im besten Fall sogar tanzbar bleibt – und sei es auf einem so ungewohnt klingenden Instrument wie einem Cembalo gespielt.

Den Auftrag für die Flamencokomposition hat der Schweizer Cembalist Vital Julian Frey, der als Wegbereiter einer neuen Generation von Cembalisten gilt, vergeben und sich damit direkt an Michio gewandt. Frey wurde bereits mit einer Reihe von Preisen geehrt und wird in der Schweiz als bester Cembalist gehandelt. Bei dem Kompositionsauftrag ging es dem Musiker nicht darum, eine Art Flamencomusik für sein Instrument zu schreiben, sondern im Gegenteil sollte Michio vom gitarristischen Spiel ausgehend eine Komposition entwickeln, die vor allem dem Flamenco als Kunst- und Klanggattung gerecht wird. Das Instrument Cembalo soll dem Geist des Flamenco folgen, nicht umgekehrt. Als Ergebnis liegt jetzt nach mehrmonatiger intensiver Arbeit die erste Flamenco-Suite für Cembalo vor, bestehend aus den Sätzen Bulería, Taranta und Guajira.

Beim Cembalo werden, anders als beim Klavier, die Töne nicht durch Schlagen, sondern durch Anreißen der Saiten mit Kielen erzeugt. Eine Saite klingt nur so lange, wie die entsprechende Taste gehalten wird; das Halten eines Tons kann nicht durch Pedaltechnik verlängert werden. Der Anschlag selbst beeinflusst die Tonlautstärke nicht. Ähnlich einer Orgel besitzt das Cembalo jedoch Register, mit denen der Spieler einzelne Sätze von Saiten dazu- oder abschalten kann, um das Klangbild zu beeinflussen. Darüber hinaus hat ein Cembalo meist einen sogenannten Lautenzug, der durch spezielle Dämpfung das Zupfen einer Laute imitiert. So meint man den im Flamenco typischen, perkussiven maurischen Klang der arabischen Oud zu hören.

Vital Julian Frey wird die Flamenco-Suite im kommenden Jahr auf CD einspielen und dann hoffentlich auch das eine oder andere Mal im Konzertsaal präsentieren. Konzertveranstalter sollten sich die Gelegenheit zu diesem außergewöhnlichen Vortrag nicht entgehen lassen und schon jetzt buchen, denn eines ist sicher: Ein solches Konzert hat es bisher noch nicht gegeben.

Claudia Trüschler für ANDA